Mein Welpe beißt! Ist das normal? Was kannst du tun?
- Sarina Kriechbaum
- vor 5 Tagen
- 5 Min. Lesezeit
Ein flauschiger, tapsiger, neugieriger kleiner Welpe - zum Verlieben! Doch nach ein paar Tagen folgt die Ernüchterung: Der süße Vierbeiner beißt in Hände, Hosenbeine oder sogar ins Gesicht. Autsch! Viele Welpenhalter:innen sind in dieser Phase verunsichert – „Darf der das?“ „Ist das normal?“ „Mache ich etwas falsch?“
Die gute Nachricht: Ja, es ist ganz normal – und dein Welpe ist deswegen weder aggressiv noch verhaltensauffällig. In diesem Artikel erklären wir dir, warum das Beißen zur Entwicklung dazugehört und wie du liebevoll und klar damit umgehst.

Was du tun kannst – praktische & empathische Tipps
Hier kommen erprobte Strategien, wie du mit dem Beißen umgehen kannst – ganz ohne Strafen oder Drohgebärden:
🦴 1. Kaubedürfnis stillen
Biete deinem Welpen täglich (auch mehrmals täglich) verschiedene Kauartikel an und lass ihn selbst auswählen. Dabei erfährst du, was er gerne kaut und welche Vorlieben er hat. Unserer Erfahrung nach, kauen Welpen lieber an Knochen mit Fleisch und Knorpeln als an Plastikspielzeug. Beliebt sind Hühner- oder Putenhälse, Hühnerflügel oder Wildrippen. Getrocknete Kaukartikel sind auch eine Variante, z.B. Kalbssehnen, Kuheuter oder Rinderlunge. Wichtig ist: Biete deinem Welpen Abwechslung und gibt ihm die Wahl zwischen 3-5 Kauartikel. Er nimmt sich den, den er möchte und du räumst die anderen wieder weg.
Außerdem kannst du ihm auch Gemüse zum Kabbern anbieten. Als meine Luna ein Welpe war, hat sie fast alles probieren dürfen, von Karotten über Gurken, Fenchel, Brokkoli bis hin zu Kohlsprossen und Beeren. An den meisten Gemüse- und Obstsorten hat sie nur herumgeknabbert und sie dann ausgespuckt. Dabei geht es mehr um das taktile Erlebnis für den Welpen und nicht so sehr um den Geschmack. Wie fühlt sich das im Maul an? Kalt, warm, weich oder hart? All das sind wichtige Informationen für das Gehirn.

🛏️ 2. Ruhe fördern
Überdrehte Welpen beißen häufiger. Sorge für regelmäßige Pausen. Manchmal hilft schon ein Nickerchen, und das kleine Krokodil wird wieder zum Kuschelhund.
Wie sorgst du für Pausen? Nicht, indem du den Welpe wegsperrst! Die einfachste Variante ist, du machst selbst eine Pause. Leg dich auf die Couch und mache ein Nickerchen. Der Welpe wird sich zu dir legen und einschlafen. 20-30 Minuten sind ausreichend - mehrmals am Tag natürlich. Anstatt eines Nickerchens kannst du dich auf die Couch setzen und etwas lesen oder am Laptop arbeiten. Auch das wird für denen Welpen bald ein Signal sein: Jetzt ist Pause. Wichtig ist, dass du den Welpen dann auch wirklich in Ruhe lässt. Kein Ansprechen oder Angreifen, kein plötzliches Aufspringen, weil du schnell etwas aus der Küche holen möchtest, kein Telefonieren, etc. Nimm Rücksicht auf deinen schlafenden Welpen. Würdest du bei einem Baby auch machen, oder?

🎾 3. Spielregeln aufstellen
Wenn dein Welpe beim Spielen zu heftig beißt, dann stoppe das Spiel kurz, ohne Drama. Du brauchst nicht aufzujaulen wie ein junger Hund! Nimm einfach ruhig die Hände weg, steh langsam auf, und schaffe etwas Abstand bzw. bleib ruhig stehen. Keine lange Erklärung nötig – dein Verhalten wirkt als Signal. Wahrscheinlich wird sich der Welpe schnell ein anderes Spielzeug suchen, daher ist wichtig, dass er genug Spielzeug zur Verfügung hat. Nach ein paar Minuten kannst du dich gern wieder zu ihm auf den Boden setzen und abwarten, was er macht. Wenn er sanft und vorsichtig mit dir umgeht, dann lobe ihn mit ruhiger Stimme für diese gute Entscheidung.

🧸 4. Alternativen anbieten
Biete deinem Welpen etwas zum Kauen oder Zerren an, sobald er zu beißen beginnt. So lernt er: Maul ja – aber bitte am richtigen Objekt. Ich spiele auch mit meinen Händen, nimm diese aber weg, wenn er zu heftig beißt (wie gerade oben erwähnt). Jeder Welpe ist anders. Manche sind sehr vorsichtig und manche nicht. Mit Geduld und Zeit wird jeder Welpe lernen, dass man Menschen nicht beißt, solange du in deiner Kommunikation klar bist. Das bedeutet: Fuchtle nicht wild mit den Händen herum, pushe den Welpen nicht unnötig hoch nur um dann "enttäuscht" zu sein, wenn er dich beißt. Du bekommst, was du herausforderst.
👀 5. Körpersprache lesen
Lerne die ersten Anzeichen von Überforderung oder Frust zu erkennen: Aufgerissene Augen, hektisches Herumrennen, plötzliches Hochspringen oder Beißen sind oft ein Zeichen: Ich bin über dem Limit. So weit sollte es eigentlich gar nicht kommen, aber wenn du diese Anzeichen siehst, ist es auf jeden Fall Zeit, eine Pause zu machen. Welpen sind sehr schnell überfordert - oft schon nach 1-2 Minuten - durch neue Eindrücke, fremde Menschen und Gerüche. All das prasselt ständig auf den Welpen ein und muss sein Gehirn erst mal verarbeiten. Sozialisierung - ja. Aber bitte nicht übertreiben. Lies dazu gern unseren Blogartikel "Sichere Bindung statt Sozialisierung".
Was du unbedingt vermeiden solltest
Manche alten Tipps halten sich hartnäckig – doch sie sind leider kontraproduktiv:
❌ „Dem Welpen ins Maul greifen“ – erzeugt Angst und Misstrauen und schadet daher eurer Beziehung.
❌ „Zurückknurren oder Anbrüllen“ – verwirrt deinen Hund, schadet ebenfalls nur eurer Beziehung.
❌ „Maulschließen“ – ist unangenehm, schmerzhaft und völlig unnötig.
Beißen ist kein Dominanzverhalten. Es ist Ausdruck von Entwicklung und manchmal von Hilflosigkeit. Was Welpen jetzt brauchen, ist keine „Erziehung mit harter Hand“, sondern einen sicherer Rahmen, Verständnis und Respekt.
Warum ein Welpe beißt hat verschiedene Gründe
Welpen entdecken ihre Welt mit dem Maul. Sie tasten, erkunden und kommunizieren damit – ähnlich wie kleine Kinder mit ihren Händen (oder auch mal dem Mund). Das Beißen hat also viele Gründe:
Spielverhalten: Im Wurf spielen Welpen oft sehr körperlich. Beißen gehört dazu. Dir fehlen nur leider Fell und Zähne – deshalb merkst du es mehr.
Zahnen: Zwischen der 12. und 20. Woche wechseln Welpen ihre Milchzähne. Das kann jucken oder sogar wehtun – Kauen hilft beim Druckausgleich.
Reizverarbeitung: Viele neue Eindrücke, Geräusche, Gerüche – da kann ein Welpe auch mal überdrehen und seine Energie durch Beißen rauslassen.
Kontaktaufnahme: Manche Welpen beißen, um Kontakt zum Menschen zu bekommen. Dieses Bedürfnis sollte unbedingt befriedigt werden.
Hunger: Manche Welpen beißen, wenn sie Hunger haben. Dann sollte man den Welpen füttern oder ihm etwas zu kauen geben.

Wann du dir Unterstützung holen solltest
Manche Welpen sind besonders energisch oder sensibel. Wenn du das Gefühl hast, das Beißen wird schlimmer, wirkt bedrohlich oder ist Teil einer größeren Unsicherheit deines Hundes – dann hol dir frühzeitig Unterstützung.
📍 In unserer Welpenschule in Graz begleiten wir dich genau in dieser Phase – empathisch, fachlich fundiert und alltagsnah. Du musst das nicht allein schaffen!
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